Achtsam leben  -  Atem finden 

  



Die Atemtherapie

Durchschnittlich holt jeder Mensch bis zu 20 000 Mal am Tag Luft und bewegt dabei ca. 10 000 l Luft. Dies geschieht meist unwillkürlich, ohne unser Aktives zu tun. Die Atmung ist eine der wenigen Körperfunktionen die unbeobachtet stattfindet, aber auch ganz bewusst wahrgenommen werden kann. Wenn wir dem Atem Aufmerksamkeit schenken, wird unser Atem automatisch langsamer und gleichzeitig tiefer.

Dies verbessert zum einen die Belüftung der Lunge und des Körpers, zum anderen haben wir über die Atmung direkten Zugriff auf unsere Befindlichkeit. Unser Körper und unser Geist findet in der Atembeobachtung Ruhe und Entspannung. Dies kann im Alltag aber auch in schwierigen Lebenssituation eine wirksame Unterstützung sein. Beispielsweise bei Stress oder Erkrankungen wie COPD, Herzerkrankungen oder in der palliativen Begleitung.

Auch die alten Griechen kannten die Bedeutung des Atems. So stehen die Begriffe Pneuma und Odem sowohl für den Atem als auch für den Geist und die Seele. Nach dem christlichen Glauben erwachte Adam und Eva zum Leben, als Gott seinen Atem in ihre Nase hauchte. Der Begriff Atem ist mit dem indischen Atman verwand. Atman bezeichnet das (absolute) selbst die unzerstörbare, ewige Essenz des Geistes und wird häufig als „Seele“ übersetzt.

Atemtherapeuten sprechen davon, dass jedes Gefühl einen bestimmten Atemrhythmus folgt. Wenn wir uns mit unseren Sinnen den Atem zuwenden, verändert er sich, und damit haben wir direkten Zugang zu unserer Befinden. Verallgemeinert lässt sich sagen, wir atmen zu schnell und zu flach, ebenso neigen dazu, den Atem anzuhalten. Die Hinwendung und Wahrnehmung unserem Atem führt uns in die Entspannung, zu mehr Lebensfreude und Ausgeglichenheit. Mithilfe des Atems erleben wir das Jetzt und Hier intensiver, schafft wohltuende Pausen und wirkt der Grübelei und des Gedankenkreisens entgegen.

Weitere "Vorteile" des bewussten Atmens sind:

• Die "Betrachtung" des Atems ist in jeder Lebenssituation möglich. 
• Der Atem ist als Meditationsobjekt „konfessionslos“ also für jeden Menschen ohne Vorbehalte anwendbar.
• Den Atem zu beobachten führt mich immer in den jetzigen Moment und dieser ist häufig viel entspannter als zunächst angenommen.
• Der Atemrhythmus folgt einem deutlich langsameren Rhythmus als unsere gedanklichen Prozesse. Wenn wir dem Atem folgen, verlangsamt sich auch unsere geistige Aktivität.
• Der Atem erlaubt eine intensive Körperwahrnehmung. Die Wahrnehmung unseres Körpers verliert sich in einer Welt, in der immer mehr kognitive Fähigkeiten verlangt werden.
• Im unteren Teil der Lunge befinden sich Rezeptoren für das vegetative Nervensystem. So führt vertieftes Ausatmen zu einer Aktivierung des Ruhenerv mit all seinen ausgleichenden Funktionen.